Donnerstag, 21. September 2017

Ceiling Demons: Bleizeitalter

Ceiling Demons
„Nil“

(Win Big Records)

Die Misere der neueren englischen Separationspolitik, die ja selbst die eiserne Regentschaft einer Margaret Thatcher noch in den Schatten zu stellen vermag, ist allgemein bekannt, man hört von ihr im Großen wie im Kleinen. Da hilft es offenbar auch nicht, daß man sich als beschauliches und verschlafenes Städtchen im Norden Englands damit brüsten kann, direkt am einigermaßen berühmten Coast to Coast Walk, einem Wanderweg von der englischen West- zur Ostküste, zu liegen. Das Gift wirkt überall und wie das dann klingt, kann man ganz gut bei den Ceiling Demons hören. Denn Psy Ceiling, Dan und Beat Demon stammen aus Richmond in der Grafschaft North Yorkshire und wenn man jetzt noch weiß, daß der Ort vor Jahrhunderten vor allem durch den Abbau von Bleierz zu wirtschaftlicher Bedeutung gelangte, dann hat man schon die zweite Brücke gebaut – denn Blei ist genau das, was einem zum Sound des Rap-Trios einfällt. Die Beats auf den bisherigen Veröffentlichungen, das aktuelle Album mit eingeschlossen, sind nämlich so schwer und träge, daß man unweigerlich an den Trip-Hop des Entschleunigungs-Meisters Tricky denken muß.

Passenderweise nehmen die drei in einem ihrer neuen Tracks „Capture Karma“ sogar direkten Bezug zum Downbeat aus Bristol, im Chorus taucht das Wort „Karmakoma“ auf, der Name eines Songs also, den Tricky zusammen mit Massive Attack 1995 aufgenommen hatte. Und auch der Rest des Albums kommt sehr düster, fast schon apokalyptisch daher. Die Rhymes wirken angespannt, drängend, darunter flackern und pochen die Loops – alles eher LoFi, also sehr reduziert und, auch eher untypisch, ab und an mit klassischen Instrumenten angereichert. Wenn zu den schleppenden Beats dann auch noch, wie bei „The Dark Mountain“ oder im Schlußstück „Elegy Of Nil“, getragene Chöre hinzugemischt werden, ist man fast versucht, das Genre (wenn’s nicht gar zu albern klänge) auf Goth-Hop umzuschreiben. Der Eindruck ist jedenfalls sehr intensiv und der Demo-Charakter, das Rauschen, Atmen, Knistern der Aufnahmen also, verstärkt das unangenehme Gefühl, mit welchem die Stücke der Demons schwingen, um so mehr. Daß die Jungs schon für die Sleaford Mods, die Young Fathers, Buck 65 oder De La Soul eröffnet haben, erscheint da fast zwangsläufig, es wird Zeit, daß Richmond bald ein neues Bleizeitalter ausruft.

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